Interview mit Ralph Neuhäuser:

F: Könnten Sie mir bitte kurz und knapp erklären wie der Nachweis des Begleiters von GQ Lupi gelungen ist und wieso es ein direkter Nachweis ist?

A: Wir haben diesen Stern schon seit März 1999 zur Suche nach Planeten beobachtet, sowohl mit der Radialgeschwindigkeitsmethode, als auch durch Direktabbildung. Unser bestes Bild haben wir am 25. Juni 2004 mit dem Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, ESO) auf dem Cerro Paranal in Chile mit dem Instrument NACO, welches adaptive Optik (AO) verwendet, aufgenommen. Die Beobachtungen wurden von einem Doktoranden und Co-Autoren des Artikels durchgeführt (Markus Mugrauer).
Direkter Nachweis bedeutet, dass es klar ist, welche Photonen vom Stern und welche vom Planeten kommen. Dazu ist nicht notwendigerweise ein Abbild nötig. In unserem Fall jedoch haben wir ein normales Bild, welches den hellen Stern und den leuchtschwachen Begleiter ein kleines Stück westlich des Sterns zeigt. Der Begleiter ist nur 156 mal dunkler als der Stern. Dies liegt daran, dass der Begleiter noch sehr jung ist, er befindet sich noch im Entstehungsprozess und kontrahiert noch. Deshalb wird Gravitationsenergie gewonnen welche dann im hauptsaechlich Infraroten Spektralbereich abgestrahlt wird. Dies ist der Grund, weshalb junge Planeten viel heller sind als alte Planeten, und deshalb suchen wir nach Planeten mittels direkter Abbildung um junge nahe Sterne.

F: Wieviel Vertrauen haben Sie in Ihren Nachweis?

A: Der Nachweis des dunklen Objektes in der Nähe des hellen Sterns ist sicher (siehe Bild). Insgesamt haben wir fünf Nachweise durch direkte Abbildung: Drei mit VLT/NACO im Juni, August und September 2004, plus einem weiteren, schon im Juli 2002 mit der AO Kamera CIAO am Japanischen Subaru Teleskop am Mauna Kea auf Hawaii, sowie einem weiteren im April 1999 mit der WFPC2 am HST.
Der Abstand zwischen Stern und Begleiter hat sich von 1999 bis 2004 nicht geändert, was bedeutet, dass sich beide gemeinsam am Himmel bewegen (um das Zentrum unserer Galaxie wie auch unsere Sonne). Dies bezeichnen wir als astrometrische Bestätigung. Zusätzlich ist zu erwarten, dass ein massearmer Begleiter um den Stern kreist, aber bei dessen großem Abstand dauert eine Umrundung in etwa 1200 Jahre, weshalb noch keine Orbitalbewegung nachgewiesen ist.
Zusätzlich haben wir zwei Spektren des Begleiters aufgenommen, jeweils eines im August und September 2004 mit dem VLT und NACO. Die Spektren wurden im 1.9 und 2.4 Mikrometer Infrarot Band aufgenommen. Sie zeigen, dass der Begleiter eine Temperatur von etwa 2000 Kelvin besitzt (also heiß und damit jung ist). Weiterhin haben wir CO und H2O (Wasser) in der Atmosphäre des Begleiters nachgewiesen. Aus der Tiefe der Absorptionslinien können wir dann die Schwerkraft (log g = 2 bis 3) und (aus der Gesamtabstrahlung in seiner Entfernung) seinen Radius ableiten (ca. 2 bis 3 Jupiterradien).
Die Bestimmung der Masse des Begleiters basiert auf theoretischen Modellrechnungen über die Entstehung solch massearmer Objekte. Ausgehend von einem gewissen Reservoir an Material, lässt man dieses kontrahieren und berechnet den Verlauf einiger Parameter, wie Temperatur, Leuchtkraft und Schwerkraft über die Zeit. Wir haben unsere beobachteten Parameter (Leuchtkraft, Temperatur und Schwerkraft) mit den theoretischen verglichen um die am besten passende Kombination zu finden. Auf diese Weise erhalten wir eine Masse von 1 bis 42 Jupitermassen, aber diese Abschätzung ist noch etwas unsicher. Ferner haben wir das von uns aufgenommene Spektrum mit theoretisch berechneten Spektren verglichen, um nochmal auf Temperatur, Schwerkraft und Radius zu kommen, wieder erhalten wir die gleichen Werte. Daher sind wir ziemlich sicher, das die Masse des Begleiters sehr gering ist und es somit ein Planet sei kann, aber es handelt sich doch um eine indirekte Massenbestimmung mit Hilfe von Theorien, die von Annahmen und Vereinfachungen ausgehen.

F: Könnten sie kurz und knapp, für den Laien verständlich, erklären, um was für einen Stern (im Vergleich zu unserer Sonne) es sich handelt und die besten Abschätzungen für die Masse, den Durchmesser sowie die Umlaufzeit des Planeten nennen?

A:Der Stern GQ Lupi in der Sternentstehungsregion Lupus (Wolf) in einer Entfernung von ungefähr 140 Parsec (400 Lichtjahre) ist unserer Sonne sehr ähnlich, aber ein wenig leichter (70% der Sonnenmasse) und viel jünger, nämlich nur ca. 1 Million Jahre (die Sonne ist 4,6 Milliarden Jahre alt). Er befindet sich also noch immer in der Entstehungsphase, kontrahiert noch und ist daher viel größer als unsere Sonne: mehrere Sonnenradien. Aber im Lauf der Zeit wird er etwas kleiner werden als unsere Sonne.
Der Begleiter und der Stern haben einen Winkelabstand von 0,7 Bogensekunden am Himmel. Bei der Entfernung von 140 pc entspricht dies einer projizierten physikalischen Entfernung von 100 astronomischen Einheiten (AE), d.h. 100 mal der Abstand zwischen Sonne und Erde. Dies ist in etwa dreimal mehr als der Abstand der Sonne von Ihrem äußersten bekannten schweren Planeten (Neptun). Es ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass sich der Begleiter in diesem großen Abstand gebildet hat. Schließlich sind zirkumstellare Scheiben um andere Sterne oft so groß oder gar größer. Weiterhin könnte der Begleiter einen Fast-Zusammenstoß mit einem weiteren (Proto-)Planeten erfahren haben welcher einen Planeten zum Stern hin (momentan noch unentdeckt) und den anderen Planeten vom Stern weg geschleudert hat. Ebenso kann sich der Begleiter auf einer sehr exzentrischen Umlaufbahn und momentan in der Nähe des Apastron befinden.

F: In welcher Weise unterscheidet sich in Ihren Augen Ihr Anspruch, dies sei ein wirklicher Planet von früheren solchen Behauptungen? Wie sicher sind Sie dass es sich tatsächlich um einen Planeten handelt?

A: Der Stern und sein Begleiter (Kandidat) wurden fünf mal abgebildet seit 1999: Einmal mit HST, einmal mit Subaru und dreimal mit dem VLT (2004). Da sich der Abstand zwischen Stern und Begleiter seit fünf Jahren überhaupt nicht geändert hat, bewegen sie sich also gemeinsam am Himmel. Es wird noch ein paar Jahre dauern bis man sehen kann, dass sich das dunklere Objekt um den Stern herum bewegt, ein voller Umlauf dauert 1000 Jahre.

F: Welche Information können wir aus diesem Nachweis bekommen, die wir nicht auch aus dem Licht welches durch einen sekundären Transit beeinflusst wird, wie bei dem Planeten der letzte Woche in den Nachrichten war, erhalten?

A: Der sekundäre Transit zeigte indirekt die Helligkeit des Planeten bei einer Infrarot-Wellenlänge (24 Mikrometer). Wir haben die Helligkeit des Begleiters bei einigen verschiedenen Wellenlängen gemessen. Und, was wichtiger ist, es ist uns gelungen ein Spektrum der Atmosphäre aufzunehmen, in welchem wir Wasser und CO nachweisen konnten. Damit konnten wir die Temperatur (2000 K) und die Schwerebeschleunigung (log g = 2 bis 3) des Begleiters messen, was - in Verbindung mit dem beobachteten Fluss bei seiner Entfernung von 400 Lichtjahren - seinen Radius bestimmt (2 bis 3 Jupiter Radien).

F: Was hat Sie ursprünglich auf dieses System aufmerksam gemacht und wieso war es ein guter Kandidat um adaptive Optik auszuprobieren? Was waren die Kriterien, die es zu einem guten Kandidaten machten? (Ist es nach, aber nicht zu nahe am Mutterstern?

A: Erstmals haben wir diesen Stern 1990 mit dem deutschen(-US-UK) Röntgenteleskop ROSAT beobachtet und wir fanden ungewöhnlich weiche Röntgenemission für diesen Typ Stern (Klassischer T Tauri Stern, d.h. junge Sterne mit zirkumstellarer Scheibe, wo Planetenentstehung möglich ist). Wir bezogen den Stern in unser Radialgeschwindigkeits-Programm ein, zur Suche nach nahen stellaren (oder sub-stellaren) Begleitern, welche die innere Scheibe entfernt haben könnten. Später wurde der Stern in die Suche mittels direkter Abbildung mit AO einbezogen, zumal er sehr jung und nicht zu hell ist und weil er über mehrere Monate gut sichtbar über dem Cerro Paranal in Chile ist.

F: Der Stern GQ Lupi ist sehr jung. Hilft oder erschwert dies die Anstrengungen einen Planeten um ihn herum zu finden ?

A: Es hilft: Junge Planeten befinden sich noch in der Entstehung, das bedeutet, sie kontrahieren noch und gewinnen Gravitationsenergie, welche sie dann im Infraroten abstrahlen. Daher sind junge Planeten viel heller als alte Planeten. Deshalb suchen wir nach Planeten um junge Sterne.

F: Ist es nicht richtig, dass die Radialgeschwindigkeits-Methode bei jungen Sternen schwierig ist, weil sie nicht stabil sind und Pulsationen ein falsches Signal vortäuschen können? Wissen wir also von Radialgeschwindigkeissuchen oder gibt es einen anderen Weg um unabhängig von Ihren Bildern zu zeigen, dass es um diesen Stern einen Planeten gibt?

A: Ja, die Radialgeschwindigkeitsmethode ist für junge Sterne schwieriger, aber wir versuchen es trotzdem. Um die Massenabschätzung für unser Objekt zu bestätigen wäre es das beste, die theoretischen Rechnungen zu testen und zu kalibrieren, welche verwendet wurden, um die Masse zu bestimmen. Dies wird einige weitere Jahre dauern und einige andere Objekte benötigen, bei denen die Massen unabhängig bestimmt werden können. Oder wird müssten 1000 Jahre -- eine Umlaufzeit -- warten.

F: Gibt es die Möglichkeit, dass noch weitere Planeten diesen Stern umkreisen?

A: Ja, es könnten weitere Planeten weiter innen und/oder mit geringeren Massen (daher auch weniger hell) existieren. Sechs weitere Beobachtungläufe mit den Teleskopen der ESO sind geplant in den nächsten Monaten.

F: Soweit ich es verstehe, haben Sie festgestellt, dass GQ Lupi und das fragliche Objekt sich gebunden bewegen. Welche Indizien haben Sie dafür dass es sich bei dem Begleiter um ein Objekt planetarischer Masse handelt? Können Sie weitere Aussagen über die physikalische Beschaffenheit des Begleiters machen?

A: Seit 1999 hat sich der Abstand zwischen Stern und Begleiter nicht verändert, Signifikanz oberhalb 10 sigma. Daher sind die beiden Objekte gebunden, das ist sehr sicher. Somit kann man für den Begleiter die gleiche Entfernung und das gleiche Alter annehmen wie für den Stern (140 pc, 1 Mio J.). Wir haben ferner ein Spektrum aufgenommen und damit die Temperatur bestimmt (2000 K).
Dann haben wir mit zwei verschiedenen, unabhängigen Theorien die Masse indirekt bestimmt: Zum einen mit der Entstehungstheorie von Günther Wuchterl (Jena), wo man aus Leuchtkraft und Temperatur auf Alter und Masse schließen kann (sowie daraus auch auf Schwerkraft und Radius). Zum anderen haben wir das beobachtete Infrarot-Spektrum mit der Atmosphärentheorie von Peter Hauschildt verglichen, und sind dabei wieder auf etwa die gleichen Werte gekommen: etwa 2 bis 3 Jupiterradien, etwa Schwerkraft log g = 2 bis 3, etwa 2 bis 42 Jupitermassen. Beide Theorien - obwohl unabhängig - ergeben die gleichen Werte, das macht die Massenbestimmung sehr sicher, aber nicht absolut 100% sicher, wie wir im Paper erläutern. Hauschildt und Wuchterl sind Co-Autoren des Artikels.
Die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Masse und für die Tatsache, dass diese Masse unterhalb von 13 Jupitermassen liegt und somit der Begleiter ein Planet ist, ist schwer anzugeben.


Weitere Fragen bitte per Mail an Ralph Neuhäuser: rne@astro.uni-jena.de


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Letze Änderung: 29.08.2008, J. Weiprecht